Ausgewählte Kritiken - Rezensionen  
 
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Rezension „Versuch den Blitz einzufangen" – Helmuth Schönauer
Buchkultur, Heft 141, April/Mai 2012
 
     
   
 
     
 
 
     
  Manfred Chobot  
   
 
  Manfred Chobot        
    Versuch den Blitz einzufangen      
    2011      
    Innsbruck: Limbus      
    192 Seiten      
   

€ 18,90

     
           
               
 
   
     
     
 

Manfred Chobot lässt im Roman „Versuch den Blitz einzufangen“ eine lose verknüpfte Familie quer durch das Jahrhundert auftreten. Manche Figuren kennen wir schon aus dem Roman „Reise nach Unterkralowitz“. Andere Figuren sind neu hinzu geheiratet, andere kommen erst durch neue Geschichten zum Vorschein. Das hat damit zu tun, dass im zweiten Roman jetzt andere Figuren die Story erzählen dürfen und naturgemäß wieder eine andere Beleuchtung für das eigene Epos wählen.
Gerade die Frauen, die eigentlich die wahren Heldentaten vollbringen müssen, während die Männer in Geschäften, Kriegen oder im Suff ihr Leben heroisch zu Ende gebracht haben, erzählen oft sehr pragmatisch von der Welt und von den Männern.
„Jeder Mann war wie der andere. Die Männer gleichen einander mehr als ihnen recht ist. Das musst du aber für dich behalten, denn jeder hält sich für etwas Besonderes.“
Für die Männer gibt es freilich andere Probleme, um über die Runden zu kommen. „Ich fahre zum Saufen nach Linz, weil ich ein schlechtes Gewissen habe und um meinen Rückfall zu verbergen.“ Ständig unruhig am Kontinent unterwegs, stellt sich trotz wechselnder Affären selten so etwas wie Ruhe und Glück ein.
Manchmal freilich hält das jeweilige Familienleben inne, wenn etwa die Kinder das Heft in die Hand nehmen und hemmungslos spielen. Ügl-Ü und Mariamaria kommen dabei auf die verrücktesten Ideen, nicht nur dass sie überlegen, wie man den Blitz einfangen könnte, sie planen auch einen Überfall auf das Christkind, um endlich einmal zu richtigen Geschenken zu kommen und nicht immer nur zu dem Plunder, der üblicherweise für sie vorgesehen ist. Und die einzelnen Familien-Rollen werden manchmal jäh unterbrochen, wenn sich der Vater besonders innig um das Kind kümmert. Beim „Glocke spielen“ rast das Kind zu Boden und zerkracht sich die Wirbel, jetzt ist der Vater hilflos, die Idylle ist beendet.
Manfred Chobot treibt seine Familienfiguren mit Schalk durch die Jahrzehnte, die guten schaffen auch in schweren Zeiten einen witzigen Zugang zur genetischen Dynastie, die schlechten zerbrechen schon beim Aufsagen des eigenen Namens. Und immer wieder hat jemand eine fixe Idee, die ihn am Leben hält.

Fazit: Hier werden die Familienfiguren mit Schalk durch die Jahrzehnte getrieben.

Helmuth Schönauer

 
 
 
 
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